Restaurant Steinhalle Bern
Reservation

Reisebericht Japan Teil 1

 

Meine nächste Food-Expedition startet mit einem 13-stündigen Direktflug nach Tokio. Wie üblich, wenn ich von Zürich abfliege, stärke ich mich mit einem Teller Pasta aglio e olio bei Bindella mit Blick auf die Rollfelder. Auf dieser Reise werde ich von meinem Freund und Fotografen Anders Stoos begleitet, der die Reise mit seinen Bildern dokumentiert.  
Die Liste meiner Hotspots in Tokios Gastroszene ist lang. Bei der Recherche für Japan vertraue ich auf Empfehlungen von Freunden, Tipps meiner beiden Lieblingsblogs Trois Etoiles und Luxeat.com, dem Michelin-Guide und dem Hotel-Concierge. In Japan ist ein erstklassiger Concierge der Schlüssel zu den besten Tischen – ohne ihn oder die Beherrschung der japanischen Sprache ist es fast unmöglich, einen Tisch zu reservieren. Seit Jahren bin ich ein grosser Fan der Hotelkette „Four Seasons“; sie bietet weltweit First-Class-Service und die gastronomische Qualität, die ich erwarte. Unsere ersten zwei Nächte verbringen wir im Four Seasons in Otemachi. Bereits vor der Reise hatte ich die Möglichkeit, mit dem Concierge des Hotels zu chatten. So konnte er im Vorfeld Reservierungen für die Restaurants meiner Wahl arrangieren. 

Und hier noch ein Spoiler: Ende April koche ich beim exklusiven Kochevent des Four Seasons Istanbul. 

Viel Spass beim Lesen, Markus Arnold

Tag 1

Tag 1

Mit einer kleinen Verspätung landen wir um 11 Uhr und werden mit einer atemberaubenden Sicht auf den Mount Fuji belohnt. Das Wetter ist sonnig, aber der starke Wind hat sogar den Flughafen Zug NARITAEXPRESS zum Halten gebracht.  
Gut vorbereitet auf das wechselhafte Wetter in Japan, das ich aus meinen sieben vorherigen Besuchen kenne, mache ich mich auf den Weg zum Four Seasons in Otemachi. Der Concierge überrascht uns mit einem Insider-Tipp für einen herausragenden Ramen-Lunch. Der mit einen Bib Gourmand ausgezeichnete Ramen-Shop „Ginza Kagari“ hat zwei Filialen in Tokyo. Wie üblich in Japan gibt man die Bestellung an einem Automaten auf. Natürlich entscheide ich mich für alle Add-ons. Die Ramen sind exzellent, das Ei perfekt, mit einem Hauch von schwarzem Trüffel. Der Fond ist etwas zu fest gebunden, was die Suppe etwas mastig macht. Die Nudeln sind grossartig, und der Beilagen-Teller mit Schweinefleisch, Reis, Ponzu und Daikon überzeugt ebenfalls.  

Nach diesem grossartigen Start geht es weiter nach Shinjuku. Dort besuche ich meine Lieblingsbar für den Aperitif - die Open Book Bar und wir freuen uns über die Sochu-Limonade. Die Bar, geführt in der dritten Generation, ist unscheinbar. Nur ein Schild an der Tür weist darauf hin, dass sie geöffnet ist. Hier gibt es nur zwei Getränke: zwei Limonaden mit Shochu oder Sake. Der Drink ist so gut, dass man gerne einen zweiten trinkt. Das Lokal füllt sich schnell, und bald ist es so voll, dass man kaum mehr herauskommt. Fun Fact: Es gibt nur eine Getränkekarte, also wartet man, bis sie herumgereicht wird.

Mit steigendem Appetit begeben wir uns zu einem Yakiniku Grill Restaurant names Kōei Honten, wo wir Wagyu Short Rib, Wagyu Loin und Rinderzunge mit Frühlingszwiebeln am Tisch grillieren. Das Erlebnis wird mit eiskaltem Kirin Bier und einem „obligatorischen“ Bibimbap als Beilage abgerundet – ein köstliches Gericht mit Kimchigeschmack, serviert im heissen Steintopf. 

Yakiniku-Tipp: Weil es im Restaurant so viel Rauch hat, unbediingt die Jacken beim Eingang "geruchssicher" in Plastiksäcken einpacken lassen. 

Da es schon spät ist und wir uns so schnell wie möglich an die Zeitzone in Tokio (-8 Stunden) gewöhnen möchten, kehren wir ins Hotel zurück. Morgen geht es früh wieder los. 

Tag 2

Tag 2

Wir erwachen im 34. Stockwerk unseres Hotels und geniessen auch heute einen atemberaubenden Blick bis zum Mount Fuji – ein beeindruckender Start mit strahlendem Sonnenschein. Unsere kulinarische Entdeckungsreise beginnt mit der Metrofahrt zu einem traditionellen Old Fashioned Egg Sandwich Place - Coffee House Katsura. In einem versteckten Restaurant, das seit 50 Jahren unverändert wirkt, nehmen wir Platz. Das Ambiente versetzt uns zurück in die 70er Jahre, eine charmante Zeitreise. Der Toast mit einem gekochten Ei und gesalzener Butter entpuppt sich als luftig, knusprig und wird begleitet von einem frischen Orangensaft mit kristallklarem Eis. 

Unser nächstes Ziel ist die riesige Küchenstrasse Kappabashi. Hier will ich aktuelle Entwicklungen und Lieferanten für die Schweiz erkunden. Beeindruckt von den Veränderungen seit meinem letzten Besuch vor sechs Jahren, entdecken wir einen Laden mit wunderschönen Tartelette-Förmchen, die ich sofort kaufe. Ich habe schon eine klaren Vorstellung, wie ich sie für Amuse-Bouche in der Steinhalle verwenden kann. 

Die Mittagszeit naht und ich beeile mich, da ich im Sézanne, einem neuen französischen Zwei-Sterne-Restaurant, einen Tisch reserviert habe. Das Restaurant ist exquisit gestaltet und verfügt über nur zehn Tische. Ich komme um 13.30 Uhr an und werde von den äusserst freundlichen Mitarbeitern mit einem Aperitif begrüsst. Als Amuse-Bouche wird eine Brandteig-Kugel mit warmem Käse serviert, ein guter Auftakt der mich aber nicht umhaut. Das Menü startet mit einer herausragenden Jakobsmuschel. Die weiteren Gänge, darunter Kaviar und Avocado, Squid à la Niçoise, Foie Gras, Snapper mit schaumiger Beurre Blanc, Morcheln mit jungem Knoblauch und Reh mit Karotte, bieten eine abwechslungsreiche kulinarische Reise. Die Jakobsmuscheln, der Snapper und das Reh im Hauptgang sind besonders hervorzuheben, während der Rest zwar gut aber gelegentlich etwas zu konventionell wirkt. Ein besonderes Highlight ist die umfangreiche Weinkarte, die eine beeindruckende Auswahl an Champagnern bietet. 

Am Abend erkunden wir Ginza, ein Einkaufsviertel mit edlen Boutiquen und zahlreichen Cocktail- und Sushibars. In einer Sushibar geniessen wir die ausgelassene Stimmung und hochwertigen Fisch. Auf dem Nachhauseweg gönnen wir uns einen Yuzu-Gin-Cognac Cocktail in der ausgezeichneten Virtù Cocktailbar. Ein rundum gelungener Tag voller kulinarischer Höhepunkte und Entdeckungen. 

Tag 3

Tag 3

Am Morgen freue ich mich auf den Besuch des Outer Markets in der Tsukiji Region, einem Grosshandelsmarkt, der ab 11 Uhr auch viele Touristen anzieht. Wir sind extra um 8 Uhr dort und scouten neue Produkte. Darunter Mochi und frische Erdbeeren. Eine einzelne Erdbeere kostet 12 Franken, ist riesengross und kunstvoll in Verpackungsmaterial eingewickelt. Der Geschmack sensationell, ähnlich einer Walderdbeere mit einem erfrischenden Biss – vielleicht die beste Erdbeere, die ich je gegessen habe. Sie stammt aus einer renommierten Zucht aus Südjapan, wo pro Pflanze nur eine Erdbeere gezogen wird. Interessant ist auch, dass die Erdbeersaison in Japan von Januar bis März dauert. In einem gemütlichen Coffeehouse wärmen wir uns zwischendurch mit einem Käse-Schinken-Toast und einem Cappuccino auf. 

Anschliessend geht es zum bekanntesten Katsuobushi-Geschäft der Stadt, wo Top-Restaurants in Tokio ihren geräucherten und getrockneten Thunfisch kaufen. Ich habe ein Stück gekauft, da solche Qualität nur selten in die Schweiz geliefert wird. 

Danach gehen wir zu unserer ersten Restaurantreservierung, wo es dan besten Eiertoast der Stadt geben soll. Das Restaurant Renga wird von einem sympathischen japanischen Paar geführt. Die Kommunikation ist zwar etwas herausfordernd, aber mit Gestik und viel Lachen gelingt die Bestellung. Der Eiertoast ist ausgezeichnet, das Rührei im Toast mit Butter verfeinert und der Toast knusprig und fluffig. 

Auch der Tomaten-Schinken-Toast ist köstlich, und wir lassen uns von den Gastgebern überreden, ihre hausgemachte Pasta zu probieren, die mit japanischem Curry abgeschmeckt ist. Alles ist lecker, die Gastgeber herzlich, und das Restaurantinterieur entspricht genau dem, was man sich unter japanischem Chic vorstellt. 

Nach diesem kulinarischen Genuss machen wir uns auf den Weg nach Südjapan, wo wir morgen eine Einladung zu einem Besuch in einer der bekanntesten und innovativsten Keramikgemeinschaften haben. Wir nutzen die Schnellzüge, um mit 300 km/h in etwa fünf Stunden ins 1100 km entfernte Hakata zu gelangen. Für die lange Fahrt kaufen wir uns Bento-Boxen. Die Auswahl an erstklassigem Bento-Food in der grossen Bahnhofshalle ist riesig. Bei mir gibt es eine Tonkatsu-Box und zwei Onigiri-Snacks.

Angekommen, laufen wir direkt an einem Din Tai Fung Dumpling Restaurant vorbei – wer mich kennt, weiss, dass ich ihre Dumplings liebe. Natürlich können wir nicht widerstehen und entscheiden uns spontan für einen Besuch. Denn für ein paar Dumplings gibt es immer Platz im Magen. Das Preis-Leistungs-Verhältnis ist unschlagbar und meine Favoriten auf der Karte sind die scharfen Pork/Shrimp Wan Tan Dumplings und das Shaved Ice mit Mango. I love it!

Tag 4

Tag 4

Der Tag beginnt früh am Morgen mit einer 90-minütigen Regionalzugfahrt in Richtung Arita, im südlichen Teil Japans, abseits der geschäftigen Millionenstadt Fukuoka. Nach unserer Ankunft in Arita werden wir pünktlich vom CEO von Arita Plus Ceramik empfangen. Er führt uns direkt in die Produktionsstätte, die bereits seit drei Generationen von seiner Familie betrieben wird.

Wir dürfen die gesamte Produktion von A bis Z erleben und sind sofort fasziniert. Es beeindruckt uns, wie viel noch von Hand gefertigt wird. Mit einer Präzision und Perfektion, die mit unseren Standards in der Steinhalle vergleichbar ist. Mit zahlreichen Fragen im Gepäck sind wir dankbar dafür, dass uns Arita Plus einen Übersetzer zur Verfügung stellt, um selbst Detailfragen genau klären zu können.

Nach der Besichtigung geht es weiter in den Showroom, wo ich das bestehende Produktsortiment genau unter die Lupe nehme. Einige Teller und Schalen stechen mir besonders ins Auge und im Gespräch versuche ich herauszufinden, ob bestehende Produkte und Formen angepasst oder sogar einzigartige Produkte für die Steinhalle produziert werden können. Der Chef, der gleichzeitig der Designer der Porzellanfirma ist, ist offen für meine Ideen, und wir beginnen, einzigartige Teller und Schalen für die Steinhalle zu definieren, zu zeichnen und vorhandene Produkte zu modifizieren.

Es wird geschliffen, mit Wasser gefüllt und Gramm-Mengen werden kontrolliert. Zwei Stunden später ist die Steinhalle-Kollektion konzipiert. Ich bin begeistert, dass wir in so kurzer Zeit vier Porzellan-Teile entworfen haben. Nun können die Prototypen erstellt werden.

Nach diesem kreativen Prozess gönnen wir uns ein Mittagessen und kosten erstmals die Washoku-Küche, die für ihre Gesundheitseffekte bekannt ist. Das bedeutet jedoch keineswegs, dass der Geschmack vernachlässigt wird. Das Essen ist ausgezeichnet, mit hochwertigem Fisch, köstlichem Gemüse, Miso und feinem Reis. Als Dessert gibt es erneut Erdbeeren, in die ich mich während dieser Japanreise verliebt habe.

Am Nachmittag setzen wir unsere Reise im Schnellzug fort und besuchen sechs weitere Keramik-Ateliers. Auch hier sind die Begegnungen äusserst interessant, und ich habe Offerten eingeholt sowie individuell angepasste Produkte bestellt. Ein derart faszinierender Tag - das hätten wir nicht erwartet. In jedem Atelier werden wir persönlich vom Besitzer empfangen, herumgeführt und lernen ein Handwerk kennen, das hoffentlich noch vielen Generationen weitergegeben wird.

Am Abend besuchen wir SYN, das Restaurant, welches der CEO von Arita Plus Ceramik für uns reserviert hat. SYN, ein Restaurant-Bar-Konzept eines jungen Japaners mit Erfahrung in Europas Top-Restaurants wie Noma, Fäviken und Maaemo. Vieles erinnert mich an meine Anfänge in der Selbstständigkeit und man spürt das Feuer des jungen Chefs. Das achtplätzige Restaurant ist komplett ausgebucht und bietet ein kreatives Menü mit herausragendem Fleischangebot.
Man merkt, dass der Koch super ausgebildet ist und sein Handwerk versteht. Der Service kann kaum Englisch, daher ist die Kommunikation aufs Wesentliche beschränkt. 

Tag 5

Tag 5

Heute steht der Klassiker Tonkatsu auf dem Lunch-Plan und ich freue mich darauf, knusprige frittierte Schweinesteaks zu geniessen. Wir haben uns für ein Untergrundrestaurant in der Nähe der Hakata-Bahnstation in Fukuoka entschieden. Wir gehen ohne Reservierung und haben Glück, dass wir nicht warten müssen. In einem anderen Restaurant hatten wir zuvor versucht, einen Platz zu bekommen, hätten aber drei Stunden warten müssen, da noch 280 Personen vor uns waren. Völlig verrückt! Manchmal verstehen wir nicht, warum bestimmte Restaurants so gehypt werden und es zu riesigen Menschenansammlungen kommt. Wir haben ähnliche Situationen auch vor einer Croissant-Bäckerei am Bahnhof erlebt. Kann ein Croissant wirklich so gut sein, dass es sich lohnt dafür 30 Minuten anzustehen?
Zurück zum Tonkatsu-Schnitzel: Es ist ausgezeichnet. Der fein geschnittene Kohlsalat mit einer leichten Sojasauce und Ponzudressing ist super erfrischend. Die Sesamsosse zum Tonkatsu-Schnitzel passt ebenfalls perfekt. Ein köstliches Mittagessen und eine gute Einstimmung für unsere dreieinhalbstündige Fährfahrt nach Busan (Südkorea).

Lest wie die Reise weitergeht, im Reisebericht über Südkorea! Stay tuned.